Ausstellung über Kölns prägende Jahre
Konrad Adenauer (1876-1967) ist deutschlandweit als erster Bundeskanzler der BRD im kollektiven Gedächtnis verankert und steht in dieser Rolle für den Westanschluss der BRD, aber auch für restaurative Tendenzen und die konservative Seite der fünfziger Jahre. Dass er als Oberbürgermeister von Köln die Stadt in der Weimarer Republik wesentlich mitgeprägt hat, ist eher im regionalen Geschichtsbewusstsein verankert. In dieser Rolle stieß er im behäbigen Köln wesentliche Modernisierungen an.
„Kölsche Mädscher, kölsche Fraue, wählt nit schwazz un nit de Blaue….“
Die Ausstellung setzt ein mit einer Plakatwand, die dokumentiert, wie Frauen als Erstwählerinnen auch in Köln umworben wurden. Voran ging die Machtübernahme durch einen Arbeiter- und Soldatenrat, wie in vielen deutschen Städten. In Film- und Tondokumenten aus den fünfziger und sechziger Jahren berichtet Adenauer, wie er rheinisch-pragmatisch den Kölner Arbeiter- und Soldatenrat auf seine Seite zog: Unter dem Motto „keine Revolution ohne Schreibmaschinen“ überließ er diesem das Rathaus samt technischer Ausstattung. „Do laachs do dich kapot“ ist die Reaktion von Mitarbeiterinnen einer Kölner Tageszeitung auf die Mitteilung der Herrschaft des ASR überliefert. Mit Anekdoten geizen die Film –und Tondokumente weiterhin nicht, wenn Adenauer zum Beispiel von der Entsorgung von drei Millionen Liter harter alkoholischer Getränke im Rhein berichtet.
Messebau, Pressa, Sport und Universität
Trotz konservativ-katholischen Hintergrunds trieb Adenauer Entwicklungen voran, die Köln bis heute prägen: Die 1924 eröffnete Kölner Messe in Deutz, auf der von ihm so geschmähten Schäl Sick, zog mit der Ausstellung „Pressa“ 1928 nicht nur Besucher aus Deutschland an. Ein Messe-ABC in Sütterlin-Schrift zeugt von frühen Marketing-Experimenten. Auch wenn die Architektur der Bauten als „Adenauers Pferdeställe“ nicht jeden ansprach, Kölns nationale und internationale Rolle festigte die Messe. Fotos von Studentinnen bezeugen neue Freiräume für Frauen und den wieder aufgenommenen Universitätsbetrieb. In Müngersdorf entstand die Sporthochschule, wo auch Frauen studierten; vom Flugplatz Butzweilerhof berichtet eine alte Übersichtskarte.
Kölns Progressive
Auch die Gründung der Werkkunstschule fällt in Adenauers Zeit, Schüler- und Studentenarbeiten widmen sich, bei allen modernen Einflüssen, gerne traditionellen kölschen Themen wie „Jan und Griet“ oder Karnevalskostümen. Adenauer soll kein Freund der „Kölner Progressiven“ gewesen sein, auf einem Gemälde Heinrich Hoerles, auch ein Glanzstück der festen, z.Zt. geschlossenen Ausstellung, fand er sich dennoch neben dem Karnevalisten Willi Ostermann porträtiert wieder. Kriegstraumata verarbeitete Hoerle in seiner „Krüppelmappe“. Früher Tod oder Emigration bestimmte das Schicksal vieler Kölner Progressiver, darunter Anton Räderscheidt und Marta Hegemann. Insgesamt arbeitet die Ausstellung viele Bereiche, die mit der Weimarer Republik und den gar nicht so „goldenen“ zwanziger Jahren verbunden werden, brav auf lokaler Ebene ab. Der in der Ausstellung nur angedeuteten homosexuellen Subkultur widmet sich ein Beitrag im Katalog. Zu kurz kommt das gesellschaftliche Phänomen zunehmender Büroarbeit und der (überwiegend weiblichen) Angestellten, auch als „Tippfräuleins“ belächelt. Eine kleine Entdeckung ist eine Version von Karl Hubbuchs „Schwimmerin von Köln“, die vielen nur in der Mannheimer Version bekannt ist. Während diese eine eher untersetzte, trotzig schauende Frau zeigt, porträtiert Hubbuch hier eine triumphierend lachende Frau im Badeanzug.
Die Ausstellung „Konrad der Große. Die Adenauerzeit in Köln 1917-1933“ ist noch bis zum 19. November im Kölnischen Stadtmuseum, Zeughausstraße 1-3, 50667 Köln, zu sehen.
Öffnungszeiten:
Dienstags 10-20 Uhr, mittwochs bis sonntags 10-17 Uhr, montags geschlossen.
© Text und Fotos: Annette v. Czarnowski
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