Wolfgang Pehnt sprach in der Karl-Rahner-Akademie über das Bauhaus-Jahr 2019
Köln. Fernsehserien, Ausstellungen, Vorträge, Buchpublikationen, Neuauflagen – das Bauhaus erfuhr 2019 die ihm zustehende Würdigung bis hin zur Verkitschung. Die einst von Konservativen geschmähte Kunstschule ist salonfähig. Wenige störte es, dass Begriffe wie „Bauhaus-Stil“ der Vielfalt an Tendenzen und Persönlichkeiten unter dem Flachdach nicht gerecht wird. Prof. Dr. Wolfgang Pehnt, Lektor, Rundfunk-Redakteur und Hochschullehrer, gab in der Karl-Rahner-Akademie einen Überblick über zeitlich parallel existierende Schulen, die die gleichen progressiven Tendenzen aufgriffen wie das Bauhaus.
Rechte Winkel, Flachdach, Verzicht auf Stuck und Schnörkel: Das Hauptlagerhaus der Gute-Hoffnungs-Hütte in Oberhausen, entworfen von Peter Behrens, würde ins Klischee passen, nur die Backsteinfassade stört. Mit dem Bauhaus hatte Behrens zeitlebens nicht viel zu tun. Erich Mendelssohn und Bruno Taut eint eines: Dass man sie mit dem Bauhaus in einen Topf rührte und beide Schüler Theodor Fischers waren, dem immerhin Walter Gropius in der Nachkriegszeit einen Vortrag widmete.
„NRW trieb es besonders toll“, betonte Pehnt. Viele Künstler, denen das Bundesland 2019 im Rahmen des Bauhaus-Jahres Ausstellungen widmete, hatten das Bauhaus wahrscheinlich nie betreten. Pädagogisch progressiv klingende Äußerungen des Architekten Rudolf Schwarz machte er als Lehrer an der kleinen, eher katholisch geprägten Kunstgewerbeschule Aachen.
Magdeburg, Krefeld und Offenbach waren weitere Orte, an denen Kunst – und Kunstgewerbeschulen progressive Ideen in der Gestaltung lehrten und umsetzten. Auf Augenhöhe mit dem Bauhaus, so Pehnt, sah sich die Frankfurter Kunstgewerbeschule, die die Typografie prägend mitgestaltete.
Voraus war das Bauhaus dagegen seinen zeitgenössischen Schulen in der Werbung, heute würde man eher „visuelle Kommunikation“ sagen. Der mit für damalige Verhältnisse ausgefallener Typographie gestaltete Bauhaus-Katalog von 1923 fiel auf, ungewöhnlich waren auch die von Schülern und Lehrenden entworfenen Postkarten. Logische Folge war sein Appell, nicht mehr länger Kränze auf dem Katafalk des Bauhauses nieder zu legen”, und stattdessen die nicht weniger kreativen Gestalter außerhalb Dessaus und Weimars zu würdigen.
Pehnts Überblick dürfte bei früheren Vortragserminen, unter anderem zum Bauhaus-Symposion an der Akademie der Künste in Berlin, bereits ausführlich diskutiert worden sein. Vor Ort ließ er es sich nicht nehmen, auch auf die Rolle der Kölner Werkkunstschule und progressive Künstler im katholischen Kontext einzugehen. Eine Forderung aus dem Publikum nach einer Ausstellung zur Geschichte der Kölner Werkschulen überraschte da kaum. 1926 darf man gespannt sein.
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